Die vergessene Grenze – Zapomniana Grancia Die vergessene Grenze – Zapomniana Grancia

Die vergessene Grenze

Mit der Unabhängigkeit Polens 1918 und der Festlegung der Grenze zu Deutschland beginnt ein neues Kapitel in der Geschichte der deutsch-polnischen Nachbarschaft. Die ehemalige, 2.000 Kilometer lange Grenze ist ein wichtiger Bestandteil der deutsch-polnischen Beziehungsgeschichte und ein ebenso wichtiger Erinnerungsort.

Heute sind diese Grenze und ihr Verlauf weitgehend vergessen. Das Projekt „1918. Die vergessene Grenze“ will diesen Erinnerungsort wieder ins Gedächtnis rufen – mit Veranstaltungen, Ausstellungen, Publikationen, einem Seminar und einer Exkursion sowie einer internationalen Konferenz.

Die Grenze hat viele Aspekte, sie ist Ausdruck und Sinnbild einer schwierigen Nachbarschaft beider Länder in der Zwischenkriegszeit mit Aufständen und Volksabstimmungen. Darüber hinaus prägte die Grenze auch das Alltagsleben, Wirtschaft und Wissenschaft und die Suche nach einer nationalen Architektur auf beiden Seiten, etwa in Frankfurt (Oder) und Posen (Poznań).

Es lohnt sich, sich mit dieser Grenze auseinanderzusetzen, weil wir es uns lange Zeit angewöhnt haben, das Jahr 1945 als Beginn einer neuen deutsch-polnischen Nachbarschaft zu betrachten. Doch damit greift man zu kurz. Erst in der Rückschau auf die vergangenen 100 Jahre wird deutlich, welch großes Wunder es heute ist, dass Polen und Deutsche in Europa eine gedeihliche Nachbarschaft pflegen.

Programm

Karte

Gdingen/Gdynia Danzig/Gdańsk Meseritz/ Międzyrzecz Bromberg/Bydgoszcz Frankfurt (Oder)/Frankfurt nad Odrą Berlin Schneidemühl/Piła Posen/Poznań Thorn/Toruń Warschau/Warszawa Kattowitz/Katowice St. Annaberg/Góra Św. Anny Breslau/Wrocław Lissa/Leszno Neu Bentschen/Zbąszynek Słubice Dresden/Drezno Deutsch-polnische Grenze 1919/21 – 1939 Bentschen/Zbąszyń Stettin/Szczecin
Gdingen/Gdynia Danzig/Gdańsk Frankfurt (Oder)/Frankfurt nad Odrą Thorn/Toruń Kattowitz/Katowice Słubice Deutsch-polnische Grenze 1919/21 – 1939 Bromberg/Bydgoszcz Schneidemühl/Piła Meseritz/ Międzyrzecz Neu Bentschen/Zbąszynek Posen/Poznań Breslau/Wrocław Lissa/Leszno St. Annaberg/Góra Św. Anny Stettin/Szczecin Bentschen/Zbąszyń
Info

Neu-Bentschen

Ortschaft Zbąszynek, ehemals das deutsche Neu-Bentschen, kennen Zugreisende als einen der regulären Zwischenhalte der Expressverbindung Berlin–Warszawa. Der Ausbau zum auf der deutschen Seite der Grenze notwendig gewordenen Eisenbahnknoten stellte schon in der Zwischenkriegszeit einen wesentlichen Teil der städtebaulichen Entwicklung dar. Es ist kein Zufall, dass das imposante Empfangsgebäude an die Bahnhofshalle in Frankfurt (Oder) erinnert, da beide von demselben Architekten, Wilhelm Beringer, konzipiert wurden. (Mateusz Weis-Banaszczyk)

St. Annaberg

St. Annaberg ist nicht nur aufgrund seiner Funktion als Wallfahrtsort für Deutsche wie für Polen von Bedeutung. Im Zuge der Volksabstimmung 1921 wurde er zu einem wichtigen Symbol der Aufstände in Oberschlesien. Die deutliche Mehrheit der Gemeinde hatte für den Verbleib Oberschlesiens bei Deutschland gestimmt, doch die Ergebnisse aus dem übergeordneten Wahlkreis forderten den Anschluss der Region an Polen: Gebietsansprüche beider Seiten wurden geltend gemacht. Im Zuge des dritten schlesischen Aufstands wurde der Annaberg von polnischen Kämpfern besetzt, die wenig später von den Deutschen zum Rückzug gezwungen wurden, woraufhin der Annaberg zu deutschem Gebiet erklärt wurde. Fortan fungierte der Wallfahrtsort neben seiner religiösen Funktion im polnischen wie im deutschen Gedenken auch als Erinnerungsort an die blutigen Kämpfe von 1921. 1936 wurde schließlich der Grundstein für ein Reichsehrenmal der Freikorpskämpfer mit Mausoleum gelegt, in dem die gefallenen deutschen Kämpfer von 1921 bestattet wurden. Nachdem die Region nach Ende des Zweiten Weltkriegs an Polen fiel, wurde das Mausoleum zerstört und 1955 ein Aufständischen-Denkmal als neuer Gedenkort errichtet, welches wiederum den ewigen Kampf Polens gegen Deutschland symbolisieren sollte. (Luisa Klatte)

Schneidemühl

Das Museum in Schneidemühl (Piła) stellte die reiche Geschichte der ehemaligen Stadt Schneidemühl vor, da erfahrt man von der kulturellen Vielfalt des Alltags der Einwohner der Stadt – Polen, Deutsche und Juden. Die Stadt litt unter Bränden, Kriegsverheerungen und späteren stadtbaulichen Veränderungen – von drei Marktplätzen blieb beispielsweise kein einziger erhalten. 30 Jahre nach dem Krieg wurde eine der wichtigsten katholischen Kirchen in zentraler Lage am Fluss Netze (Noteć) gesprengt.

Zahlreichen alten Grenzsteinen kam nach der Entfernung von ihrem ursprünglichen Aufstellungsort ein interessantes Schicksal zu. Geschichtsliebhaber und Einheimische haben sie weggetragen u.a. auch in ihre eigenen Gärten gestellt. In dieser Hinsicht erscheint die „vergessene“ Grenze immer „lebendiger“ – selbst wenn ihre Bestandteile nun einen gewissermaßen dekorativen Zweck erfüllen. (M.A. Iryna Tkachivska)

Meseritz

Auf diesem ehemals deutschen Teil des Grenzgebietes bauten die Nationalsozialisten seit 1934 an der Festungsfront Oder-Warthe-Bogen. Diese Verteidigungslinie sollte das Deutsche Reich vor Angriffen aus dem Osten schützen. Dafür wurde ein rund 32 km langes System errichtet, welches die vielen Bunker miteinander verband. Bei einer Führung durch die bis zu 40 m tief liegenden Tunnel kann man nachvollziehen, wie akribisch die Nationalsozialisten ihre Vorkriegsplanungen vorantrieben. Heute sind die Bunker eine Touristenattraktion und Lebensraum für über 35.000 Fledermäuse. (Robert Schwaß)

Frankfurt (Oder)

Für die Bewohner von Frankfurt (Oder) und Słubice ist die deutsch-polnischen Grenze – natürlich unter gänzlich anderen Umständen – ebenso in Vergessenheit geraten wie die ehemalige, „vergessene" Grenze von 1918, da das (teilweise mehrmals) tägliche Überqueren selbiger für die Menschen in beiden Grenzstädten zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist, ganz zu ihrem Alltag gehört. (Anna Labentz)

Kattowitz

Ehemalige Arbeitersiedlung Nikischacht (Nikiszowiec) wurde konzipiert zu Beginn des 20. Jahrhunderts vom Charlottenburger Architektenduo Emil und Georg Zillmann für die Bergleute der Giesche-Grube in der Nähe des namensgebenden Nikischschachts. Heutzutage ist Nikiszowiec dank seiner einzigartigen Architektur und seines Denkmalstatus zu einem Touristenmagneten geworden.

In den Städten Oberschlesiens lässt sich der Grenzverlauf anhand der ihrer spezifischen Architektur nachvollziehen: So hat Beuthen (Bytom) eine für die Weimarer Republik typische Bebauung, während Kattowitz den polnischen Modernismus der 1920er Jahre repräsentiert. (Maria Heimroth)

Gdingen

Gdingen (Gdynia) ist als weiße Stadt, Fenster zur Welt und als Symbol des wiedererstandenen Polens bekannt. Infolge des Versailler Vertrags hatte Polen nur eingeschränkten Zugang zum Danziger Hafen, weshalb der damalige Wirtschaftsminister Eugeniusz Kwiatkowski entschied, einen neuen Hafen im Fischerdorf Gdingen bauen zu lassen. Er war sowohl in wirtschaftlicher – für den Transport von Kohle aus Oberschlesien – als auch in militärischer Hinsicht von Bedeutung, als 1923 die Polnische Kriegsmarine ins Leben gerufen wurde.

Gdingen sollte zum Aushängeschild der Zweiten Polnischen Republik werden. Mit der Umsetzung dieser Prämisse betraute man den Architekten Tadeusz Wenda. Als eine von wenigen Städten auf der Welt wurde sie von Grund auf im Stil der Moderne erbaut, für den etwa weiße Hauswände oder runde Balkone charakteristisch sind, die wiederum an Schiffe erinnern sollen. Vom Krieg größtenteils verschont geblieben stellt Gdingen heute ein bemerkenswertes Feld zur Erforschung „lebendiger Geschichte" dar. Bis heute gilt die Stadt als Sinnbild für das wiedererstandene Polen, was die Worte Johannes Pauls II. während seiner Pilgerfahrt nach Polen 1987 bestätigen: „Als erste Stadt grüße ich Gdynia. Ich bin gemeinsam mit dieser Stadt aufgewachsen, die zu einem Symbol unserer zweiten Unabhängigkeit geworden war." (Aleksandra Wągrodzka)

Posen

Hotel Basar– 1838 gründete Karol Marcinkowski den Posener Basar, der zur Wiege seines Programms „Organisches Arbeiten" zur wirtschaftlichen und bildungspolitischen Stärkung der polnischen Bevölkerung wurde. Große Bekanntheit erlangte das 1841 eröffnete Hotel infolge eines denkwürdigen Auftritts von Ignacy Paderewski im Dezember 1918, der allgemein als Anfang und einer der wesentlichen Auslöser des Ausbruchs des Posener Aufstands gewertet wird. (Mateusz Weis-Banaszczyk)

Die Architekturausstellung

Zwischen nationalem Stil und Moderne.
Architektur der Zwischenkriegszeit in Frankfurt (Oder) und Posen

Mit der Unabhängigkeit Polens und der Grenzziehung zu Deutschland verlor Frankfurt (Oder) sein wirtschaftliches Hinterland. Als Ausgleich wurde die Reichsbahndirektion Osten an die Oder verlegt, und Martin Kießling prägte mit der Ostmarksiedlung (heute Paulinenhofsiedlung) und anderen Bauten die Architektur der Zwischenkriegszeit. In Posen (Poznań) suchten Architekten wie Adam Ballenstedt nach einer neuen, polnischen Architektursprache. Die Grenze zwang auch Architekten zu nationalen Bekenntnissen. Gleichzeitig blieben sie über die Grenzen hinweg immer auch in fachlichem Kontakt. Die deutsch-polnische Ausstellung, kuratiert von Uwe Rada und Szymon Piotr Kubiak, reist in einem begehbaren Überseecontainer durch die Region.

Stationen

Trebnitz, vor dem Schloss:
15.09.–12.10.2018 / Mo–So 11.00–17.00

Frankfurt (Oder), Uni-Platz:
18.10.–03.11.2018 / Mo–Fr 10–18 Uhr, Sa 10–14 Uhr

Posen, im Innenhof des Stadtamts, plac Kolegiacki:
07.11.–23.11.2018 / Mo–Fr 8:00–15:00 Uhr

Słubice, ul. Kościuszki
27.11.–06.12.2018 / Mo–Fr 9:00–19:00 Uhr, Sa 10:00–14:00 Uhr

Die Architekturausstellung

Der Architekturführer

Die Gunst der Stunde.
Architektur der Weimarer Republik in Frankfurt (Oder)

Nach der Wiedergründung des polnischen Staates 1918 verlor Frankfurt (Oder) zwar große Teile seines Hinterlandes, erhielt aber erhebliche Investitionsmittel und konnte sich dadurch - auch räumlich - neu erfinden. In den 1920er Jahren entstanden hier sehr durchdachte Siedlungsanlagen (Paulinenhof, Am Grünen Weg), mehrere moderne Schulbauten (wie z. B. das Musikheim von Otto Bartning) und eine Reihe von anderen äußerst anspruchsvollen öffentlichen Bauten (Amtsgericht, Krematorium und Trauerhalle, Stadion und Kino im heutigen Słubice).

Der Autor Paul Zalewski ist Professor für Denkmalkunde an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder). Das Buch erscheint im Herbst 2018 beim Bebra-Verlag Berlin in einer deutsch-polnischen Ausgabe.

Der Architekturführer

Der Reiseführer

Die vergessene Grenze.
Eine deutsch-polnische Spurensuche von Oberschlesien bis zur Ostsee

Als „Saisonstaat“ wurde Polen von deutschen Nationalisten verspottet, als es nach dem Ersten Weltkrieg wieder auf Europas Landkarte zurückkehrte. Das deutsch-polnische Verhältnis war vor allem wegen der neuen Grenze, die von Oberschlesien zur Ostsee führte, großen Spannungen ausgesetzt. Die Volksabstimmungen, der polnische Korridor, all das war Wasser auf die Mühle derer, denen der Konflikt wichtiger war als eine funktionierende Nachbarschaft.

Wie aber sah der Alltag an der deutsch-polnischen Grenze vor hundert Jahren aus? Gab es neben den Konflikten auch eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit? Und wie denkt man heute in Deutschland und Polen an diese Zeit? Dreißig Autorinnen und Autoren aus Deutschland und Polen haben die vergessene Grenze bereist und Erstaunliches zutage gefördert.

Dagmara Jajeśniak-Quast ist Professorin an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). Uwe Rada ist Buchautor und hat bei Bebra zuletzt „Berlin und Breslau. Eine Beziehungsgeschichte“ herausgegeben.

„Die vergessene Grenze“ erscheint als Buch und E-Book im Herbst 2018 beim Bebra-Verlag Berlin.

Der Reiseführer

Das Seminar und die Exkursion

Die vergessene Grenze.

Die Rückkehr Polens auf die europäische Landkarte vor 100 Jahren brachte die Frage der Grenzziehung zu den neuen Nachbarstaaten  mit sich. Das Seminar „Die vergessene Grenze“ beschäftigte sich im Sommersemester 2018 mit der Grenzziehung und dem Verlauf der Grenze Polens zum Deutschen Reich. Obwohl der Verlauf der Grenze im Westen durch den Vertrag von Versailles geregelt war, gab es hier zahlreiche Konflikte.  Ziel des Seminars waren die Wiederentdeckung, Erforschung und Kenntlichmachung des ehemaligen Grenzverlaufs durch Studierende der  Europa-Universität Viadrina und externe Experten. Das Seminar am Zentrum für Interdisziplinäre Polenstudien von Prof. Dagmara Jajeśniak-Quast und Uwe Rada wird u.a. in Kooperation mit dem Polnisch-Lektorat und dem Programm Writing Fellows des Schreibzentrums der Viadrina (in Deutsch und Polnisch). Im Rahmen des Seminars fand eine neuntägige Exkursion (19.–27.5.2018) von  Oberschlesien bis nach Danzig statt.

Das Seminar und die Exkursion

Die Fotoausstellungen

Entlang der vergessenen Grenze.
Von Oberschlesien bis zur Ostsee

Die Aufnahmen entstanden auf einer deutsch-polnischen Exkursion der Europa-Universität Viadrina entlang der vergessenen Grenze von Kattowitz bis Gdingen im Mai 2018. Die Fotografien von Ondřej Cinkajzl erscheinen auch im Reiseführer „Die vergessene Grenze“ von Dagmara Jajeśniak-Quast und Uwe Rada.

Stationen

Frankfurt (Oder), Hauptgebäude Europa-Universität Viadrina: 20.08.–26.10.2018 / Mo–Fr 9–21 Uhr, Sa/So 9–18 Uhr
Posen, Marschallamt: 06.11.–26.11.2018 / Mo–Fr. 8–15 Uhr

Der Weg in die Moderne
Bauten der 1920er Jahre in Posen und Frankfurt (Oder)

Ein Jahrhundert nach ihrer Errichtung werden viele Bauten der Zwischenkriegszeit als besonders zu würdigenden regionales Kulturerbe wiederentdeckt. Denn sie haben nichts von ihrem einstigen Charme, ihrer Funktionalität und Ästhetik eingebüßt. Die Fotografen bieten aktuelle Perspektiven auf Bauten in Posen, Frankfurt (Oder) und Slubice.

Stationen

Posen, Kulturzentrum ZAMEK: 30.11.–20.12.2018 / Mo–So 12–20 Uhr

Die Fotoausstellungen

Kontakt

Schloß Trebnitz
Bildungs- und Begegnungszentrum e. V.

Platz der Jugend 6
15374 Müncheberg / OT Trebnitz
Tel. +49 33477 519-0
Fax: +49 33477-51915

E-Mail: info@1918-2018.eu
Felsberg@schloss-trebnitz.de
Internet: www.schloss-trebnitz.de